Bequem, aber unsicher: DGE rät von Hormon-Selbsttests für zu Hause ab

Altdorf, Oktober 2024 – Zyklusstörungen, Hautprobleme oder Stimmungsschwankungen – bei vielen dieser Beschwerden kann ein hormonelles Ungleichgewicht die Ursache sein. Schnelle Klarheit über den aktuellen Hormonstatus versprechen kommerziell erhältliche Hormon-Selbsttests für zu Hause. Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie e.V. (DGE) rät von der Nutzung dieser Selbsttests ab, da die Ergebnisse nicht valide sind. Die Fachgesellschaft empfiehlt, sich bei Fragen zum Hormonstatus in einer endokrinologischen Fachpraxis vorzustellen. Dort erhalten Patientinnen und Patienten entsprechend ihrer Beschwerden die notwendigen Untersuchungen und bei Vorliegen einer hormonellen Störung wird die weitere Therapie besprochen.

Das Stresshormon Cortisol, die Sexualhormone Testosteron und Östrogen und auch die Schilddrüsenhormone steuern als Botenstoffe viele wichtige Funktionen im Körper, zum Beispiel das Wachstum, den Stoffwechsel und auch den Menstruationszyklus. Gerät der komplexe menschliche Hormonhaushalt einmal aus dem Gleichgewicht, kann sich dies in den verschiedensten körperlichen und psychischen Symptomen äußern – für Betroffene oft eine große Belastung.

Hormon-Selbsttests für zu Hause sind ungenau und irreführend

Kommerzielle Hormon-Selbsttests für zu Hause gibt es erst seit wenigen Jahren. Das Konzept ist simpel: Die Betroffenen bestellen den Test im Internet oder kaufen ihn in der Drogerie, geben ihre Speichelprobe zu Hause ab und schicken sie an ein Labor. Getestet wird der Hormonspiegel eines oder mehrerer Hormone. Innerhalb weniger Tage erhalten sie dann die Ergebnisse.

„Es kann viele Gründe geben, warum sich Betroffene bei Beschwerden nicht an Endokrinologinnen und Endokrinologen wenden, sondern sich für die kommerziellen Hormon-Selbsttests entscheiden. Unter Umständen ist ihnen die Wartezeit bis zu einem Arzttermin zu lang oder sie fühlen sich dort mit ihren Beschwerden nicht ernst genommen und erhoffen sich von den Hormontests neue Erkenntnisse“, erklärt Prof. Dr. med. W. Alexander Mann, Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie am Endokrinologikum Frankfurt. „Diese Selbst-Diagnostik kann bei den Betroffenen zu unnötiger Sorge führen, falls die Ergebnisse falsch oder ungenau sind. Da es bei dem Großteil der Tests danach kein Beratungsgespräch mit Fachärztinnen und -ärzten gibt, haben sie für Laien im günstigen Fall erstmal geringe oder keine, im schlimmsten Fall eine irreführende Aussagekraft. “

Größte Schwachstelle: Unklare Qualität und Ungenauigkeit der Ergebnisse

Prof. Mann weist darauf hin, dass bei vielen kommerziellen Hormon-Selbsttests nicht nachverfolgt werden kann, welche Qualität die Tests und somit auch die Ergebnisse besitzen. Ein weiteres Problem: Die Konzentration der Hormone, für die die Tests ausgelegt sind, ist schwerer zu messen, da diese von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird. „Selbst wenn die Tests beispielsweise in einem zertifizierten Verfahren durchgeführt werden, sind Hormontests immer stark abhängig von äußeren Bedingungen. Das fängt schon bei der Tageszeit an, an der die Probe entnommen wurde. Diese beeinflusst beispielsweise die Bewertung von männlichen Hormonen sehr stark. Somit kann der vorliegende Hormonspiegel nicht zuverlässig bewertet werden.“

Fachärztliche Anamnese und Diagnostik als erster Schritt bei hormonellen Beschwerden

Um die Hormone als Ursache für bestimmte Beschwerden zu identifizieren, ist im ersten Schritt der Gang zu Fachärztinnen und -ärzten für Endokrinologie sinnvoll: „Bei begründetem Verdacht auf eine hormonelle Störung ordnen Ärztinnen und Ärzte einen Hormontest an. Dieser wird in der Regel als Blut-, Speichel- oder Urintest durchgeführt, die Ergebnisse werden im Anschluss mit den Patientinnen und Patienten im Detail besprochen, ebenso die mögliche Therapie. Ganz grundsätzlich können sie bei Beschwerden auch immer um eine Abfrage des Hormonstatus bitten“, so der DGE-Experte. Liegt ein begründeter Verdacht auf eine hormonelle Störung vor, übernehmen die Krankenkassen die Kosten für den Hormontest in einer endokrinologischen Fachpraxis. Andernfalls tragen die Patientinnen und Patienten die Kosten selbst.

DGE rät von Hormontests für zu Hause ab

Die DGE empfiehlt, sich nicht auf kommerzielle Hormontests zu verlassen, sondern sich bei Verdacht auf eine hormonelle Ursache von Beschwerden in einer endokrinologischen Facharztpraxis vorzustellen.

„Bei einer klaren medizinischen Fragestellung, die in der Regel ärztlich begleitet ist, können Selbsttests ein hilfreiches Instrument sein: Ovulationstests können beispielsweise beim Erfüllen eines Kinderwunsches sinnvoll sein. Die zunehmende Kommerzialisierung allgemeiner Hormontests für zu Hause sehen wir dagegen kritisch, da ihre Validität in Frage steht und Betroffene oftmals mit den Ergebnissen vollkommen allein gelassen werden“, fasst Privat-Dozentin Dr. med. Dr. jur. Birgit Harbeck, Mediensprecherin der DGE, zusammen. Bei Fragen zum Hormonhaushalt sind Fachärztinnen und -ärzte für Endokrinologie die erste Anlaufstelle.

Interessenkonflikte

Prof. Dr. med. W. Alexander Mann und Privat-Dozentin Dr. med. Dr. jur. Birgit Harbeck geben an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

Kontakt für Rückfragen

Pressestelle der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)
Priv.-Doz. Dr. med. Dr. jur. Birgit Harbeck (Mediensprecherin)
Sophia Suckel
Postfach 331120
D-70451 Stuttgart
Telefon: 0711 89 31-686
Telefax: 0711 89 31-167

www.endokrinologie.net


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