29.08.08

Herstellungsverfahren beeinflusst Therapie
Synthetisches Wachstumshormon wirkt nicht immer identisch

Regenstauf/Berlin, August 2008 - Werden Patienten mit dem synthetisch hergestellten Wachstumshormon Somatropin behandelt, müssen sie sich auf dessen exakte Wirkung verlassen können. Je nach Herstellungsverfahren weicht der Aufbau des Hormons in den einzelnen Präparaten jedoch geringfügig voneinander ab. Dies kann die Wirkung der Medikamente verändern und das Therapieziel gefährden, warnt die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). Die Fachgesellschaft der Hormonexperten spricht sich deshalb gegen das Vorhaben des Gemeinsamen Bundesausschusses aus, Somatropin in die Gruppe 1 der Arzneimittel - Medikamente mit "denselben Wirkstoffen" - einzuordnen.

Das menschliche Wachstumshormon Somatropin setzen Ärzte schon seit den 1960er Jahren zur Behandlung verschiedener Krankheitsbilder ein. Etwa bei hormonell bedingtem Kleinwuchs oder der durch einen Gehirntumor verursachten Wachstumsstörung Akromegalie. Bis Mitte der 80er Jahre wurde das Hormon aus den Hirnanhangsdrüsen Verstorbener isoliert. Heute stellen Labore es mit Bakterien oder anderen Mikroorganismen her. Wachstumshormon ist nach dem Bauchspeicheldrüsenhormon Insulin das zweite synthetisch hergestellte Peptidhormon, das auf den Markt gelangte. Mittlerweile sind Präparate verschiedener Hersteller im Handel.

Die verschiedenen Herstellungsverfahren führen zu kleinsten Abweichungen im Aufbau des Hormons. Diese können bei einem Patienten unterschiedliche biologische Wirkungen herbeiführen: "Trotz des vermeintlich identischen Wirkstoffs gibt es bei den Präparaten Unterschiede, die bei der Anwendung und Verschreibung berücksichtigt werden müssen",, erläutert Professor Dr. med. Andreas Pfeiffer von der Abteilung für Endokrinologie, Diabetes und Ernährungsmedizin an der Berliner Charité. "Gehen Ärzte aufgrund der geplanten Einordnung in Gruppe 1 von der Gleichwertigkeit der Präparate aus, könnten sie damit das Therapieziel gefährden", so der Präsident der DGE. Dazu kommt, dass zu den verschiedenen Präparaten unterschiedliche Injektionssysteme gehören. "In der Therapie erhöhen wechselnde Systeme das Risiko von Anwendungsfehlern", sagt Professor Dr. med. Martin Wabitsch, Vorstandssprecher der Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Endokrinologie der DGE.

Biosynthetisch hergestellte Somatropin-Präparate gehören laut DGE deswegen in die Gruppe 2 der vom Gemeinsamen Bundesausschuss festgelegten Arzneimittelgruppen fordert die DGE. In dieser Gruppe finden sich Arzneimittel mit "pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Stoffe insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen." Dies würde sicherstellen, dass Ärzte keine vermeintlich wirkungsgleichen Präparate verordnen, die mit einem unkalkulierbaren Risiko für die Patienten verbunden sein können.