02.08.11

Endokrinologen für verstärkte Schilddrüsenforschung

Translationales DFG-Schwerpunktprogramm zu Schilddrüsenhormonen

Altdorf, August 2011 - Schilddrüsenhormone beeinflussen die Funktion nahezu aller Organe im Körper. Angesichts der weltweit mehr als 300 Millionen Adipösen rücken die beteiligten Hormone der Schilddrüse noch stärker in den Fokus der Wissenschaft. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt deshalb jetzt die Erforschung von Schilddrüsenhormonen mit einem neuen Schwerpunktprogramm. Den Anstoß dafür gab ein Vorantrag von Schilddrüsenexperten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) aus Essen, Bremen und Berlin. Ziel des Programms ist ein besseres Verständnis der molekularen Mechanismen von Schilddrüsenhormonen, um Vorsorge und Therapie der damit verbundenen Erkrankungen weiterzuentwickeln. Die DGE wertet die Entscheidung der DFG als ein wichtiges Signal für die Bedeutung der endokrinologischen Forschung in Deutschland. Das Schwerpunktprogramm "Molecules and Mechanisms of Thyroid Hormone Synthesis and Action" umfasst ein Volumen von etwa zwölf Millionen Euro.

Funktionsstörungen der Schilddrüse wirken sich auf das zentrale Nervensystem, Herz-Kreislauf-System und Knochen aus. Diese Organsysteme zählen zu den wichtigsten Zielorten von Schilddrüsenhormonen. "Inzwischen hat aber vor allem auch das Fettgewebe als Effektorgan für die Steuerung des Energiehaushaltes sehr wichtige Bedeutung erlangt - noch dazu vor dem Hintergrund der epidemieartig sich ausbreitenden Adipositas", sagt DGE-Vizepräsidentin Professor Dr. med. Dagmar Führer, aus Essen.

"Wir begrüßen die Einrichtung eines endokrinologischen Schwerpunktprogramms durch die DFG deshalb überaus und sind froh, durch unseren Vorantrag ein so wichtiges Projekt mit ins Leben gerufen zu haben", so Führer, die gemeinsam mit Professor Dr. rer. nat. Klaudia Brix, Bremen und Privatdozentin Dr. rer. nat. Heike Biebermann aus Berlin das Programm wissenschaftlich koordiniert. Das Programm soll eine Antwort auf die zentrale Frage finden, was eine gesunde beziehungsweise krankhafte Funktion der Schilddrüse ausmacht.

Von der Forschung erhoffen sich die Wissenschaftlerinnen vielfältige Erkenntnisse: Aktuelle Arbeiten zeigen, dass Schilddrüsenhormone über Transportproteine in die Zellen gelangen. "Die Identifizierung des ersten Schilddrüsenhormontransporters hat dazu beigetragen, bei Patienten mit schweren neurologischen Entwicklungsstörungen den zugrundeliegenden molekularen Mechanismus aufzuklären", sagt Führer, Direktorin der Klinik für Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen am Zentrum für Innere Medizin der Universitätsklinik Essen. Das Schwerpunktprogramm soll die Transportwege der Thyroidhormone erforschen, und auch, welche Folgen eine Störung dieser Wege mit sich bringt: "Langfristig wollen wir auf diese Weise Strategien zur Prävention und Therapie von Krankheiten entwickeln, die mit Schilddrüsenhormonen assoziert sind - und das sind zahlreiche."

Das Schwerpunktprogramm ist auf sechs Jahre angelegt. Die erste Phase ist jetzt offen ausgeschrieben. Bewerber können ihre Anträge bis zum 30. November 2011 bei der DFG einreichen. Welche davon sie fördern wird, entscheidet sich Ende März 2012. Weitere Informationen zur Bewerbung finden Interessierte unter www.dfg.de.

Endokrinologie ist die Lehre von Hormonen und Stoffwechsel sowie den Erkrankungen auf diesem Gebiet. Hormone werden von endokrinen Drüsen, zum Beispiel Schilddrüse oder Hirnanhangdrüse, aber auch bestimmten Zellen in Hoden und Eierstöcken, "endokrin" sezerniert, das heißt nach "innen" in das strömende Blut abgegeben. Im Unterschied dazu geben die "exokrinen" Drüsen, wie beispielsweise Speicheldrüsen oder Schweißdrüsen, ihre Sekrete nach "außen" ab.