Operative Therapie von Hypophysentumoren

Diese Darstellung wurde von Professor Michael Buchfelder, Neurochirurgische Universitätsklinik, Erlangen, erarbeitet. Sie ist bestimmt für Laien, kann aber in keinem Fall das Gespräch mit dem Arzt ersetzen. Nur dieser kann alle Einzelheiten des jeweils persönlichen Falles beurteilen, entsprechend weitere individuelle Aufklärung geben und gebotene diagnostische und ggf. therapeutische Maßnahmen einleiten. Die hier gegebenen Informationen entsprechen dem Wissensstand Mitte 2004. Neue Erkenntnisse können Teile hiervon oder die ganze Darstellung veraltet werden lassen.

Die Indikation zur Operation eines Hypophysenadenoms wird üblicherweise beim Vorliegen eines Chiasmasyndroms (Druck eines grossen Tumors auf die darüber liegende Sehnervenkreuzung) oder eines Hormonexzesses gestellt, bzw. wenn es bereits zu einer Hypophysenvorderlappen-Insuffizienz (durch sog. Druck eines grossen Tumors auf den gesunden Hypophysenteil) gekommen ist. Prolaktin-sezernierende Adenome (Prolaktinome) werden als einzige Adenome primär medikamentös behandelt.

Heute werden im Wesentlichen zwei operative Verfahren verwendet, über die die Mehrzahl der Hypophysenadenome vollständig entfernt werden kann: Die transsphenoidale ("von unten", meist durch die Nase) Operation bei der grossen Mehrzahl der Tumore und die transkranielle ("von oben", mit Eröffnung des Schädels von oben oder seitlich) Operation bei sehr grossen und ungünstig gelegenen Tumoren. Die Mortalität bei derartigen Eingriffen liegt in größeren aktuellen Serien mikrochirurgisch erfahrener Operateure deutlich unter 0,5%. Schwerwiegende Komplikationen wie Meningitis, Liquorfistel und Nachblutung werden jeweils in weniger als 1% der Fälle angegeben. Verletzungen der großen hirnversorgenden Arterien und die Entwicklung eines permanenten Diabetes insipidus oder einer substitutionsbedürftigen kompletten Hypophysenvorderlappen-Insuffizienz gehören zu den absoluten Raritäten. Die transsphenoidale Operation bietet sich für alle intrasellären Tumoren an, sowie für all diejenigen, bei denen eine breite Kommunikation zwischen dem intrasellären und extrasellären Tumoranteil besteht.

Das Prinzip der transsphenoidalen Operation geht auf den Anfang des 20. Jahrhunderts zurück, wenngleich ein Durchbruch der Methode erst mit der Einführung der mikrochirurgischen Operationstechnik in den 70er Jahren und der routinemäßigen Anwendung der intraoperativen Bildwandlerkontrolle erfolgt ist. Man kann den Eingriff in mehrerlei Variationen durchführen. Mit entsprechender Erfahrung kann man das weichere und farblich unterschiedliche Gewebe des Hypophysenadenoms von der gelblicheren und festeren normalen Hypophyse, die eine typische Vaskularisierungsstruktur (Struktur der Blutversorgung) aufweist, unterscheiden und den Tumor dadurch selektiv entfernen. Dann kommt es auch innerhalb weniger Stunden zur Korrektur einer hormonalen Übersekretion.

Durch die ausgeklügelte und auch in den Jahren nach 1970 stetig weiterentwickelte Operationstechnik ist es auch möglich, invasiv wachsende Tumore radikal[ zu entfernen, z. B. durch Abfräsen infiltrierter Knochenanteile aus dem Clivus (Knochen hinter der Hypophyse) oder Eröffnen der medialen Wand des Sinus cavernosus (der seitlich der Hypophyse liegt und Blut aus dem Gehirn ableitet). Bei all diesen Wachstumsrichtungen kann das Hypophysenadenom nämlich als einziger gutartiger endokriner Tumor auch infiltrativ in die Umgebung wachsen.

Neue technische Entwicklungen, die die Effektivität der chirurgischen Maßnahmen noch während der Operation überprüfen lassen, sind beispielsweise intraoperative Hormonbestimmungen oder in morphologischer Hinsicht die intraoperative Resektionskontrolle mit dem Kernspintomogramm insbesondere bei grossen suprasellären (nach oben aus der Sella turcica [Türkensattel] herausgewachsene Tumore). Beim Aufzeigen von Resttumor mit diesem Verfahren kann gezielt weiteroperiert und damit in einer Reihe von Fällen eine radikalere Entfernung des Adenoms durchgeführt werden. Mit dem Endoskop werden Einblicke auch in die lateralen Bereiche der Keilbeinhöhle und gar in den Sinus cavernosus möglich. Die rein endoskopische Technik bedarf aber noch einer Evaluation im Hinblick auf endokrinologische Operationsergebnisse bei hormonsezernierenden Tumoren.